Temple Booking – High Hopes

Johanna studiert Eventmanagement und veranstaltet bereits eigene Shows als Temple Booking. Ihre frühe Liebe zur Musik und der ständige Drang, sich auszuprobieren, hat sie bereits in entlegene Ecken der Erde geführt.

Johanna, woher stammt deine Faszination für Live-Shows?

Johanna: „Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der Musik einen hohen Stellenwert hat. Meine Eltern haben mich schon früh auf Konzerte mitgenommen und bei uns lief ständig Musik. Das Wohnzimmer meiner Eltern ist mehr Musikzimmer als alles andere. Schnell weitete sich meine Faszination von der bloßen Musik aus auf das, was hinter den Kulissen einer Show passiert. Ich bewunderte die Arbeit, die hinter einer solchen Produktion steckt. Und irgendwann war der Gedanke und Wille da, auch Shows auf die Beine zu stellen. Nach einigen Erfahrungen im Ausland bin ich 2017 nach Berlin gezogen, um ein Studium für Eventmanagement aufzunehmen. Nach einigen Monaten kam dann mein Projekt Temple Booking ins Rollen.“

War es von Anfang an dein Wunsch, neben dem Studium bereits Praxiserfahrungen sammeln zu können?

Johanna: „Ja, ich hatte auf jeden Fall das Bedürfnis, während des Studiums aktiv zu werden und meine Freizeit sinnvoll zu nutzen.“

Was war deine erste Veranstaltung?

Johanna: „Die war etwas abenteuerlich. Und auf einem Dachboden. Mit 14 Jahren habe ich mir nämlich nicht nur in den Kopf gesetzt, mal nach Berlin zu ziehen und dort Musik- und Eventmanagement zu studieren, sondern auch, für eine Weile nach Island zu gehen. Der Island-Aufenthalt kam zuerst und ich arbeitete 2016 für ein paar Monate in einem Polarfuchszentrum in den Westfjorden. Dort kümmerte ich mich nicht nur um zwei Polarfüchse, sondern führte auch Besucherinnen und Besucher durch die zugehörige Ausstellung. Eine Person in dieser Gruppe war Roosmarijn, eine niederländische Singer-Songwriterin, die für einige Zeit im Nachbarort lebte. Wir kamen ins Gespräch – und irgendwann fragte ich sie, ob sie nicht einfach auf dem Dachboden des Polarfuchszentrums auftreten möchte. Sie sagte zu, also räumten wir den Dachboden aus, stellten ein paar Stühle rein und druckten Plakate. Dieser Teil Islands ist ziemlich abgelegen, es passiert nicht so viel. Das Konzert war eine besondere Abwechslung. Also kamen tatsächlich einige Leute aus den umliegenden Dörfern, um Roosmarijn zu sehen. Das war ein überwältigendes Gefühl!“

Johanna Temple Booking Roosmarijn

Roosmarijn @ Arctic Fox Centre, Sudavik/Iceland | Credits: Jun Miguel Lee

Wie ging es dann mit dem Veranstalten für dich weiter?

Johanna: „Nach meiner Zeit in Island reichte es mir noch nicht. Also bin ich als nächstes nach Kalifornien gegangen. Dort arbeitete ich für kurze Zeit für einen Freund, dessen Agentur seit über 30 Jahren Punk-, Heavy-Metal- und Hip-Hop-Shows promotet. Da sind mittlerweile Bands wie Sleep, Ghost und Kurt Vile dabei. Teil dieses professionellen Teams zu sein, hat mir sehr viel Spaß gemacht. Anschließend bin ich dann nach Berlin gekommen.

Mit meiner ehemaligen Mitbewohnerin zog ich hier eines Abends um die Häuser. In einer Bar trafen wir Joe James Boyle, für den wir einen Support-Slot im Badehaus organisierten: Meine erste Berlin-Show! Meine Mitbewohnerin und ich nannten unsere Booker-Stube anfangs „Tangerine Music“, nach dem Led-Zeppelin-Song. Nach einigen Shows unter dieser Flagge habe ich mich im August 2019 aber dazu entschieden, den Namen meiner Booking-Agentur und damit auch das Auftreten zu ändern.“

Hast du als Temple Booking irgendeine Spezialisierung, z. B. auf ein Genre?

Johanna: „Hauptsächlich veranstalte ich Bands, die sich in den Genres Doom Metal, Stoner Rock, Heavy Psych, Post Metal bewegen. Darüber hinaus versuche ich – aufgrund meiner eigenen Erfahrungen als Bookerin in einem männerdominierten Umfeld –, Bewusstsein für coole Frauen in Bands und anderen Rollen des Musikbusiness’ zu schaffen. Das ist nicht immer leicht, besonders nicht in dem Genre, das ich bediene. Ich investiere viel Arbeit und Zeit, um zu diesem Zweck ein zuverlässiges Netzwerk aufzubauen. Mein langfristiges Ziel ist eine starke weibliche und queere Metal-Szene, die Raum für Identifikation bietet.“

Was waren bislang deine privaten Lieblingskonzerte?

Johanna: „Auf jeden Fall Duel, die ich im letzten Sommer auf dem FreakinOut gesehen habe. Das ist ein kleines Festival am Waldrand, irgendwo in Bayern. Am zweiten Abend hat es so stark geregnet, dass die Veranstaltenden das Festival abbrechen mussten. Viele gingen in ihr Zelt oder Auto zurück, wir warteten in einer Waldhütte auf dem Festivalgelände darauf, dass der Regen aufhörte oder zumindest schwächer würde. Fehlanzeige! Irgendwann begannen ein paar Leute, das Equipment den matschigen Hügel hochzuschleppen, in die Hütte rein. Die dachten sich vermutlich nur, dass die Backline drin besser aufgehoben wäre als im strömenden Regen. Schnell kam die Idee auf, das Festival in der Waldhütte fortzusetzen. Also drückten sich viel zu viele Leute in den kleinen Raum, Duel kamen auf die (improvisierte) Bühne und sofort ging einfach nur die komplette Hütte ab! Keiner hatte mehr damit gerechnet, wahrscheinlich war diese Show deshalb so unvergleichlich.“

Was war das bisher Bekannteste, das du veranstaltet hast?

Johanna: „Die bekannteste Band auszumachen, ist sehr schwierig. Aber die erfolgreichste Show war auf jeden Fall die mit Age of Woe und Witch Ritual im Juni 2019.“

Johanna von Temple Booking mit Age of Woe und Witch Ritual

Age of Woe & Witch Ritual (& Johanna, 4. von links hinten) @ Tief | Credits: Tajo Kupperthaler

Welche Locations nutzt du gerne zum Veranstalten?

Johanna: „In Berlin habe ich bisher im TIEF/ Zukunft am Ostkreuz, Toast Hawaii, Schicksaal Tommyhaus und Schokoladen veranstaltet. Diese Venues schätze ich besonders – die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Ansprechpartnerinnen und -partnern bzw. Teams funktioniert einfach sehr gut und macht Spaß. Das ist sowieso das Wichtigste.“

Wo würdest du gerne mal was machen, wenn du könntest?

Johanna: „Da denke ich automatisch ans Z7 in Pratteln/ Schweiz. Ich bin an der Grenze zur Schweiz aufgewachsen, viele Clubs gab es nicht, das nächste war tatsächlich das Z7. Aufgrund dieser Erinnerungen würde ich dort gerne eines Tages selbst veranstalten.“

Was sollten Musikerinnen und Musiker mitbringen, damit ihr gut zusammenarbeiten könnt?

Johanna: „Mir ist eine klare und vor allem wertschätzende Kommunikation wichtig, darüber hinaus Vertrauen, Eigeninitiative und vor allem Menschen, die die Venue füllen.“

Wie nimmst du die Berliner Szene wahr?

Johanna: „Als sehr groß, gleichzeitig hat die Berliner Szene etwas sehr Familiäres. Man läuft dann doch immer wieder denselben Menschen über den Weg. Das hat etwas Schönes an sich – so sind schon enge Freundschaften entstanden. Doch mittlerweile ist die Szene in meinen Augen auch sehr überfüllt. Gefühlt findet jeden Abend ein Konzert statt, zu dem ich gerne gehen würde – besonders in den Monaten, in denen die meisten Bands touren. Da fällt die Entscheidung manchmal nicht so leicht – man kann sich auch einfach nicht jede Show leisten, die man gern sehen würde. Das bewirkt natürlich auch, dass es nicht so einfach ist, mit meinen Shows von Temple Booking herauszustechen. Da freut es mich umso mehr, immer wieder wertvolle Unterstützung aus der Szene zu erhalten.“

Was sind deine Pläne für 2020?

Johanna: „Für 2020 sind schon einige Konzerte geplant, die in den kommenden Wochen  angekündigt werden. Das Show-Pensum des vergangenen Jahres – da habe ich 13 Mal veranstaltet – würde ich gerne hochhalten, gegebenenfalls sogar erweitern. Ich möchte Temple Booking weiter wachsen lassen, mich in naher Zukunft dem Tour-Booking widmen, meine Reichweite erhöhen und langfristig einen Wiedererkennungswert schaffen.“

Was ist deine Lieblingslocation?

Johanna: „Das TIEF.“

Deine Berliner Lieblingsband?

Johanna: „Aptera sind ganz oben mit dabei, auch GRIN und yondalll sind sehr geil.“


Nächste Shows von Temple Booking:

Temple Booking auf Facebook: https://www.facebook.com/templebooking/

Titelbild: Johanna mit Swan Valley Heights | ©Mariana Mielke

 

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