Tobi Engl

Tobias Engl – Make it massive

Jede Band träumt von einer richtig guten Aufnahme, um ihre harte Arbeit für die Ewigkeit festzuhalten. Damit sich Untergrund-Bands dafür nicht verschulden müssen, bietet Tobi mit seinem Engl Sound Studio im Orwohaus eine faire, professionelle Alternative zum rumpeligen Proberaum-Sound.

Tobi, wie war dein Einstieg in die Berliner Szene?

Tobi Engl: „Ich komme ursprünglich aus Konstanz am Bodensee. Dort gab es eine große Punkrock- und Hardcore-Szene, die sich bis in die Schweiz ausbreitete. Aus dieser musikalischen Richtung komme ich. Auch wenn man natürlich die großen Metal-Sachen, á la Metallica, Slayer, Anthrax, immer mitbekommen hat. Mit dem Schlagzeugspielen habe ich mit 14 Jahren begonnen und mir alles mehr oder weniger selbst beigebracht. Mein erstes Schlagzeug habe ich von dem Geld gekauft, dass mir meine verstorbene Oma vererbt hatte. Irgendwann wollten wir selbst Punkrock machen und haben in irgendwelchen Rathauskellern oder Wohnzimmern unsere Instrumente aufgestellt und losgelegt. Mein erstes Konzert war als Support der Henry Rollins Band in München.

Im Sommer 1999 bin ich nach Berlin gekommen, habe eine Ausbildung zum Toningenieur bei der SAE begonnen und mit Martin Fischer, dem Gitarristen von Android Empire, zusammengespielt. Die Band hieß Pigs might fly und spielte Punkrock. Hier bin ich dann auch zum extremen Metal gekommen bzw. mit Android Empire in die Sludge-Richtung. Ich war von 2006 bis circa 2012 dabei.

Irgendwann lernte ich Dori kennen, machte Aufnahmen für die Band Essenz und ersetzte später den Schlagzeuger der Band. Das müsste 2010 gewesen sein.

Dann folgte circa 2012 Drowned und seit zwei Jahren bin ich bei Early Death. “

War die Ausbildung zum Toningenieur ein langjähriger Wunsch von dir?

Tobi Engl: „Ja, schon als Kind habe ich auf alten Vierspurgeräten mit irgendwelchen Schrottmikrofonen alles Mögliche auf Tape mitgeschnitten. Dabei interessierte ich mich aber immer nur für das Mitschneiden von Musik, ich wollte nie Geräusche oder so einfangen. Seitdem ich selbst in Bands spiele, wollte ich die Musik meiner Bands auch immer selbst aufnehmen können. “

Was reizt dich daran, Bands aufzunehmen?

Tobi Engl: „Mein Ziel ist es, den Sound so einzufangen, wie er wirklich ist. Auch das kreative Arbeiten beim Mastering finde ich sehr spannend. Wenn ich will, kann ich die Aufnahme hier noch mal um 180 Grad drehen. Ich nehme auch besonders gern Metal auf, weil ich das Rohe einfangen will. So, wie Metal im Proberaum eben klingt: echt und nicht steril. “

Du hast ein eigenes Studio, das Engl Sound Studio. Kannst du mir erzählen, wie es dazu kam?

Tobi Engl: „Genau, das Studio existiert seit 2003/2004 im Orwohaus. Meine damalige Band ist aus ihrem alten Proberaum geflogen und ich habe einfach eine E-Mail ans Orwo geschrieben. Am nächsten Tag kam schon die Antwort, dass sie einen Proberaum mit kleinem Nebenraum freihaben, den man als Studio nutzen könnte. Dann hat es gleich geklappt, das war ziemlich cool!

Auch heute ist es noch so, dass ich in diesem Proberaum aufnehme. Den habe ich mittlerweile akustisch optimiert, wenn auch nicht bis zur Perfektion. Nebendran ist das Studio, das ich auch etwas ausgebaut habe. Aber alles hat immer noch einen Proberaumcharakter.

Das finde ich sehr wichtig: Du bist als Musiker nicht in irgendeinem aufgepimpten Studio, wo man sich vielleicht unwohl fühlt. Stattdessen kannst du bei mir in entspannter Atmosphäre amtliche Aufnahmen machen und zahlst dabei keinen krassen Studiopreis. Das finden die Bands gut und ich auch.

Mit meinem Studio agiere ich also in der Mitte: Du kannst deine Aufnahmen entweder allein machen, stößt aber irgendwann an deine Grenzen, weil dir das nötige Equipment und vielleicht auch das Know-how fehlt. Oder du gehst in ein krasses Studio und zahlst 500 bis 600 Euro am Tag. Das kann sich aber keiner leisten, der keine Plattenfirma im Hintergrund hat, die mal eben Geld für die Produktion vorschießt. Also greife ich da mit meinem Studio unter die Arme. “

Engl Sound Studio

Engl Sound Studio

Welche Aufgaben übernimmst du im Aufnahmeprozess: Nimmst du die Musik auf, mixt und masterst sie?

Tobi Engl: „Ich nehme auf und mixe. Das Mastern gebe ich meistens ab, weil ich gern noch mal jemand anderes drüberhören lasse. Ich habe festgestellt, dass ich dazu tendiere, Aufnahmen, die ich gemixt habe, im Mastering quasi gleich zu lassen und nur noch fetter oder lauter zu machen. (lacht.) Das ist aber nicht der Sinn der Sache. Da können schon noch andere Elemente einfließen. “

Wie ausgebucht bist du aktuell?

Tobi Engl: „Ich mache im Jahr nur wenige Produktion. Als Hauptjob arbeite ich bei FluxFM und bin dort Audio Engineer. Ich glaube, wenn ich davon leben müsste, wäre das auch eine andere Sache. Da würde der Druck stark steigen, dass ich immer genug Produktionen gebucht habe, damit ich meinen Lebensunterhalt davon bestreiten kann. Bei mir ist es hingegen so, dass meine Ausgaben gesichert sind und ich mein Studio aus Bock betreibe. Also mache ich auch nur die Sachen, auf die ich Lust habe und bei denen ich kreativ sein kann.“

Welche Überlegungen sollte eine Band anstellen, bevor sie dich für einen Job anfragt?
Tobi Engl: „So viele Grundregeln gibt’s bei mir nicht: Ich bin ein Oldschool-Typ, das heißt, ich nehme lieber echte Gitarren-Amps auf, die brummen und rauschen. Auch ein Schlagzeug ohne Elektronikkram, z. B. ohne Trigger, ist mir lieber. Solche Sachen sage ich beim ersten Gespräch direkt. Ich würde zwar auch ein getriggertes Schlagzeug aufnehmen, rate aber immer davon ab. Daher musste ich es zum Glück auch noch nie machen. Das ist mir einfach zu steril und glatt.“

Sitzt du dann manchmal bis nachts mit deinen Künstler/-innen im Studio und werkelst an den Aufnahmen?

Tobi Engl: „Das gab’s auch schon, klar: Dass ich mit den Bands stundenlang im Studio saß und Take um Take versucht habe, noch zum perfekten Ergebnis zu kommen. Entweder klappt es wirklich beim allerletzten Versuch oder man fängt am nächsten Tag mit frischen Ohren wieder an. Das ist meistens die bessere Variante.“

Sind Bands im Allgemeinen bereit, in eine gute Produktion zu investieren?

Tobi Engl: „Mittlerweile sind sie es. Für ein Demo oder um einfach mal irgendwelche Proberaum-Aufnahmen zu haben, kann man sich zwar einfach mit einem Laptop und ein paar günstigen Thomann-Mikros behelfen. Aber spätestens, wenn es an die Aufnahmen für eine Platte geht, braucht man schon was Richtiges. Die meisten Musikerinnen und Musiker wissen, wie sie live klingen und wie sie auf Platte klingen wollen. Aber vielleicht haben sie keine Ahnung, wie sie das hinkriegen können. Und da komme dann ich ins Spiel. (lacht.)

Wie wird heutzutage aufgenommen?

Tobi Engl: „Heute wird verstärkt digital aufgenommen. Ich kann beides, auch weil ich schon seit fast 20 Jahren Aufnahmen mache. So existiert bei mir noch eine alte Bandmaschine, die ich hin und wieder anschmeiße. Braucht man zwar nicht, aber ich finde cool, dass z. B. das Schlagzeug auf Band mehr drückt. Durch die Magnetisierung des Bandes gibt es harmonische Verzerrungen, die für einen wärmeren, fetteren Schlagzeugsound sorgen.“

Engl Sound Studio Schlagzeug

Wie oft kannst du einen Song hören?

Tobi Engl: „Da gibt’s keine Grenze. Wenn es technisch hinhauen soll, höre ich mir einige Passagen bestimmt 140-mal im Loop an.

Deswegen lege ich aber auch Alben, die ich selbst eingespielt oder aufgenommen habe, nie wieder in den Player. Das geht mir bei Drowned, Essenz und Early Death so. Vielleicht skippe ich mal in einen Song rein, um zu hören, was ich vor ein paar Jahren beim Sound gemacht habe. Ansonsten höre ich nach den Aufnahmen nur noch das Master an und dann war’s das.“

Gibt es Bands oder Genres, die du besonders gern aufnimmst?

Tobi Engl: „Ich präferiere Death Metal, weil ich das auch selbst spiele und privat höre. Aber alles, was im weitesten Sinne Metal ist, finde ich spannend. Vielleicht nicht sowas wie Nightwish oder so. (lacht.)

Was sind deine nächsten Projekte?

Tobi Engl: „Ich nehme gerade Dehuman Reign auf. Sie spielen ihre Gitarren zu Hause ein und dann „re-ampen“ wir das bei mir im Studio. Das heißt, sie nehmen die Gitarre und den Bass über eine DI-Box auf, ohne den Verstärker. Das klingt dann wie eine akustische Gitarre. Den Sound schicke ich anschließend vom PC wieder in den Gitarren-Verstärker, den ich wiederum per Mikrofon abnehme. Das ist für Bands ganz geil, die z. B. so übelsten Frickelkram machen. Sie können ihre Musik in Ruhe zu Hause einspielen. Hermann sollte auch zum Ende des Jahres aufgenommen werden.“

Was ist dein bisher liebstes Projekt aus der Vergangenheit?

Tobi Engl: „Schwer zu beantworten: Am lustigsten fand ich sicherlich die Aufnahme mit Dehuman Reign.

Carnal Tomb waren eine der professionellsten Bands. Sie haben ihre Platte in sechs Tagen eingerotzt.“

Wo liegt für dich die Grenze? Was würdest du nicht aufnehmen?

Tobi Engl: „Trigger sind für mich eine Grenze. Leicht untermischen, um einen gewissen Kick zu erzeugen, ist okay. Das macht man heutzutage so. Aber es darf nicht ultraplastisch sein. Wenn du unbedingt krass auf Trigger setzen willst, kannst du ein Schlagzeug auch programmieren und musst dich nicht extra ans Instrument setzen.

Und alles, was mit Nazischeiß zu tun hat. Aber ich glaube, das braucht man nicht extra erwähnen! (lacht.)

Ist der Schlagzeug-Sound von Lars Ulrich auf der St.Anger gut oder schlecht?

Tobi Engl: „Schrecklich! (lacht.) Die Snare gehört mit zum Schlimmsten auf der Welt.“

Wie würdest du die Berliner Untergrundszene beschreiben?

Tobi Engl: „Sie ist besser als früher. Vor ungefähr 15 Jahren war fast gar nichts los. Es gab kaum Bands und Konzerte. Mittlerweile ist die Vernetzung super: Jeder kennt jeden, macht mit jedem Musik oder könnte es theoretisch machen. Meistens spielen schon viel zu viele Leute in Bands. Das wird immer mehr und das finde ich geil!

Clubs schließen zwar, aber die Bands sprießen nur so aus dem Boden.“

Kannst du sie mit anderen Szenen vergleichen?

Tobi Engl: „Der Berliner an sich ist, was andere Genres oder Subkulturen angeht, schon ziemlich intolerant. (lacht.) Das kenne ich aus meiner Jugend in Konstanz anders. Das liegt aber natürlich auch daran, dass du hier so eine große Auswahlmöglichkeit hast. In Konstanz gab’s nur vier Konzerte im Monat. Deswegen ist man auch mal zu was gegangen, was einem nicht so lag. Hier gehen die Leute nicht mal zu den Vorbands bei einer Show, weil sie sich nur für den Hauptact interessieren. Das finde ich schon assi.“

Berliner Lieblingslocations?

Tobi Engl: „Ich gehe gern in die Rock’n’Roll Herberge in meiner Nachbarschaft. Als Konzertlocation die Zukunft am Ostkreuz. Auch die Kastanie rangiert bei mir ganz oben. Ich habe sogar mal in der WG darüber für zwei Jahre gewohnt. Das waren dann auch die ein bis zwei Male, die ich live gemischt habe, um zu merken, dass das nichts für mich ist. (lacht.)

Berliner Lieblingsband?

Tobi Engl: „Aus meinem Bereich würde ich Necros Christos sagen.“


Engl Sound auf Facebook: https://www.facebook.com/englsound/

Engl Sound bei Soundcloud: https://soundcloud.com/englsound

Drowned: https://drowned.bandcamp.com/

Titelbild: ©Void Revelations

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..